Megatrend Digitalisierung


Interview mit Digitalisierungsberater Christian Jurasz-Kischka
Die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main hat sich das Thema Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben. Seit Anfang 2019 ist Christian Jurasz-Kischka als Digitalisierungsberater im Team der betriebswirtschaftlichen Beratung von Adrian Burghardt. Dort begleitet er den digitalen Wandel bei den Mitgliedsbetrieben.



Herr Jurasz-Kischka, Sie sind der „Mister digital“ in der Handwerkskammer. Wie sind Sie zu dem Thema gekommen? Was ist Ihr Background?

Jurasz-Kischka: Beruflich bin ich gelernter Verlagskaufmann. Aber bereits in der Ausbildung durfte ich mich um die Einführung neuer Technologien in der Medienproduktion des Verlags kümmern. DTP war für die Medienbranche das neue Stichwort. Seit 1998 war ich als Leiter eines Teams für die Optimierung und Digitalisierung der Geschäftsprozesse und der Medienproduktion bei einem großen Verlag in Bad Homburg verantwortlich.

Können Sie uns kurz erläutern, was Digitalisierung im Kern bedeutet?

Jurasz-Kischka: Dieses Wort hören wir alle an jeder Ecke. Und dabei bekommt man das Gefühl, dass wenn es nicht rund läuft, die Digitalisierung alles wieder gut macht. Digitalisierung bedeutet aus meiner Sicht viel mehr, dass es um das große Thema Veränderung geht, was wir heute mit technischen Mitteln angehen können. Wenn wir dann auch vernetzt denken und handeln wird daraus schnell auch ein Erfolg, denn schließlich digitalisieren wir nicht für den Computer, um uns das Leben und die Arbeit einfacher zu machen.

Viele technische Entwicklungen sind oft schlecht vorhersehbar: Wo sehen Sie Chancen und Risiken?

Jurasz-Kischka: Wir müssen darauf achten, technische Dinge nicht einfach nur zu machen oder zu übernehmen, sondern lernen und uns trauen Entwicklungen zu hinterfragen. Gleichzeitig müssen wir auch die Chancen sehen: Warum muss ich meine Stunden in der Firma auf einen Stundenzettel per Hand eintragen und ein anderer tippt diese dann wieder ab. Keiner macht diese Arbeiten gerne, aber sie sind notwendig. Und genau hier bieten technische Entwicklungen im ganz Kleinen einfach Vorteile. 

Foto: Jan Lauer



Wie sehen Sie den Mittelstand und besonders das Handwerk in Sachen Digitalisierung aufgestellt?

Jurasz-Kischka: Das lässt sich so pauschal nicht beantworten! Denn besonders das Handwerk besteht aus so vielen unterschiedlichen Betrieben, die alle Ihre Arbeiten sehr individuell auf den Kunden abstimmen. Ich habe in den ersten Wochen hier bei der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main so viele tolle Ideen und Möglichkeiten kennengelernt, an die ich vorher nie gedacht hätte. Aber es gab auch Betriebe, die sich Kleinigkeiten der Digitalisierung nicht zutrauen. Und das kann eine neue Webseite oder neue Kommunikationswege zu Kunden sein. Hier gilt es auch, Schwellenängste abzubauen.

Welche verschiedenen betrieblich relevanten Aspekte von Digitalisierung sehen Sie?

Jurasz-Kischka: Erstens: Jeder muss sich darum kümmern seine betrieblichen Prozesse zu digitalisieren und dadurch auch zu optimieren. Teilweise gibt es dazu auch gesetzliche Vorgaben, die umgesetzt werden müssen. Aber genau in diesem Bereich lässt sich sehr viel tun. Ein zweiter Punkt ist die Möglichkeiten der Kundenkommunikation und Kundenbindung im digitalen Umfeld zu nutzen und auszubauen. Der Handwerker muss bei seinen Aktivitäten immer seinen Kunden vor dem geistigen Auge haben. Zum Teil entwickeln sich dadurch auch neue Geschäftsmodelle, vielleicht auch für neue Kunden. Viel schwieriger ist ein weiterer Punkt: Die Digitalisierung und Vernetzung der Produktion. Wenn man an die Möglichkeiten von 3D-Druck für Kleinstserien und Prototypen denkt, ist da noch viel Luft nach oben. Aber das betrifft auch nicht alle Handwerker. Denn ein Friseur wird immer mit seinen Händen Haare schneiden.

Es geht also nicht nur um Elektronik im weitesten Sinne, sondern auch um Prozesse in Unternehmen?

Jurasz-Kischka: Es geht immer in erster Linie um die Prozesse. Und dabei ist es sehr wichtig, dass man nicht denkt, dass die Digitalisierung herkömmliche Prozesse einfach nur ersetzt. Vielmehr bringt die Digitalisierung Veränderung für die Prozesse. Digitalisierung ist nicht nur IT! Denn die Veränderungen müssen von allen Beteiligten im Betrieb gemeinsam getragen, gelebt und zum Erfolg gebracht werden.

Wie begleiten Sie Betriebe bei diesem Veränderungsprozess?

Jurasz-Kischka: Die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main ist ein starkes Team, das die Mitgliedsbetriebe in den unterschiedlichsten Aspekten unterstützt. Bei diesem komplexen Thema können die Beratungskunden auf langjähriges Profi-Know-How setzen. An erster Stelle steht die Beratung des Handwerksbetriebs, der sich meldet. Ich versuche dann eher auch als Lotse zu helfen. Denn wir kennen den Weg zum Ziel. Wir wissen, wen man ansprechen muss, wer einem weiterhelfen kann und was es auf dem Markt für Möglichkeiten gibt.

Welche Themen werden Sie in den Info-Veranstaltungen im laufenden Jahr noch behandeln?

Jurasz-Kischka: Wir haben unsere Reihe zur Digitalisierung gerade gestartet. Schwerpunkt ist am Anfang das Bauhandwerk. Neue, digitale Geschäftsmodelle kennen lernen und einen Überblick über die digitalen Möglichkeiten zu bekommen in Handwerksunternehmen. Die Reihe wird unter verschiedensten Aspekten über das Jahr fortgesetzt.

Alle Termine und Serviceangebote zum Thema Digitalisierung unter www.hwk-rhein-main.de/digitalisierung.